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20.08.2018

Wasserentnahme an oberirdischen Gewässern


 

 

 

Allgemeinverfügung

des Landratsamtes Heilbronn zur Wasserentnahme aus oberirdischen

Gewässern im Landkreis Heilbronn vom 15. August 2018

 

Das Landratsamt Heilbronn erlässt gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 75 Abs. 1 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) in Verbindung mit § 100 Abs.1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)  und § 35 Satz 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg (LVwVfG) folgende:

 

 

Allgemeinverfügung

I.

 

1.    Der wasserrechtliche Gemeingebrauch nach § 25 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in Verbindung mit § 20 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg (WG) ist an oberirdischen Gewässern (Bäche, Flüsse, Seen), in allen Gemeinden des Landkreises Heilbronn für Zwecke der Bewässerung und Beregnung untersagt. Damit ist jede Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern für diese Zwecke gleich auf welche Art und Weise, verboten. Hiervon ausgenommen ist das Schöpfen mit Handgefäßen, Baden, das Fahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft und das schadlose Einbringen von Niederschlagswasser.

 

2.    Die mit wasserrechtlicher Erlaubnis des Landratsamts Heilbronn zugelassenen Wasserentnahmen aus oberirdischen Gewässern zum Zwecke der Produktion zum Verzehr bestimmter Lebensmittel im Bereich der Landwirtschaft und des gewerblichen Gartenbaus sind hinsichtlich der Entnahme in l/s und der täglichen Entnahmemenge auf 50 % zu reduzieren.

 

Die Beregnung und Bewässerung darf nur in der Zeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr des Folgetags vorgenommen werden, ausgenommen Tröpfchenbewässerung. Die Wasserentnahmen sind ganz einzustellen, wenn die in den wasserrechtlichen Erlaubnissen jeweils aufgeführten Pegelstände erreicht werden. Die Pegelstände können unter https://hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de/ abgerufen werden.

 

3.    Die übrigen, nicht von Nr. 2 erfassten Wasserentnahmen, die mit wasserrechtlicher Erlaubnis des Landratsamts Heilbronn zugelassen wurden, werden für die Dauer der Gültigkeit dieser Allgemeinverfügung, vorläufig untersagt.

 

4.    Diese Allgemeinverfügung gilt nur für Betriebe, die der Zuständigkeit des Landratsamtes Heilbronn unterliegen.

 

II.    Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet

 

III.   Diese Allgemeinverfügung gilt bis 15.09.2018.

 

Eine Verlängerung des Zeitraums ist bei weiterer Fortdauer der extremen Trockenheit möglich.

 

IV.  Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung auf der Internetseite des Landkreises Heilbronn (www.landkreis-heilbronn.de ).

 

V.   Das Landratsamt Heilbronn, -Bauen, Umwelt und Nahverkehr- als untere Wasserbehörde kann auf Antrag eine widerrufliche Ausnahme erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern oder das Verbot bzw. die Beschränkung im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt.

 

VI.  Begründung

 

In den Monaten Februar bis Juni 2018 fielen in Baden-Württemberg nur rund 2/3 des Gebietsniederschlages, der im langjährigen Mittel für diesen Zeitraum üblich ist. Abgesehen von lokalen Starkniederschlägen war die Witterung in den vergangenen Monaten somit relativ trocken.

Als Folge dessen hat sich in zahlreichen Gewässern des Landkreises Heilbronn Niedrigwasser entwickelt. Eine Grundwasserneubildung, die insbesondere in den Wintermonaten erfolgt, war nicht ausreichend, so dass nun ein Zulauf aus Quellen bzw. dem Grundwasser in die Gewässer in nur sehr mäßigem Maß erfolgt.

 

Durch die extreme Trockenheit der letzten Monate sowie den aktuell hohen Tagestemperaturen von ca. 30 – 35 Grad Celsius sind in den Fließgewässern des Landkreises Heilbronn Niedrigwasserabflüsse aufgetreten. Die anhaltende Hitze, niedrige Grundwasserstände und fehlende Niederschläge verursachen neben den anhaltend niedrigen Wasserständen in den Fließgewässern erhöhte Wassertemperaturen und niedrige Sauerstoffwerte.

 

Wasserentnahmen können das Abflussregime beeinträchtigen, in Niedrigwassersituationen negative Einflüsse auf das Ökosystem des Gewässers haben und das Erreichen des guten ökologischen Zustands nach der Wasserrahmenrichtlinie gefährden.

 

Im Landkreis Heilbronn sind die Abflüsse in den Gewässern fast alle unter den Mittelwert niedrigster jährlicher Abflüsse (MNQ) gefallen bzw. werden in den nächsten Tagen darunter fallen. Es muss davon ausgegangen werden, dass durch die niedrigen Grundwasserstände und durch die fehlenden Niederschläge sich diese Situation bis Ende September verstärkt. Erst nach anhaltenden Niederschlägen kann mit einer Verbesserung gerechnet werden. Kurze starke Niederschläge, wie sie bei einem Gewitterregen auftreten, führen nur sehr kurzfristig zu einer Erhöhung des Abflusses in den Gewässer.

 

Rechtsgrundlage für Ziffer I Nr. 1 dieser Allgemeinverfügung ist § 21 Abs. 2 WG. Danach kann der Gemeingebrauch durch die Wasserbehörden aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit, insbesondere der Ordnung des Wasserhaushaltes oder des Schutzes der Natur, geregelt, beschränkt oder verboten werden.

 

Die unter Ziffer I. Nr. 1 angeordnete Untersagung des Gemeingebrauches ist erforderlich, um bei der derzeit langanhaltenden, extremen Trockenheit die Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern vor Schaden zu bewahren.

 

Rechtsgrundlage für Ziffer I. Nrn. 2 und 3 dieser Allgemeinverfügung ist  § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG in Verbindung mit § 75 Abs. 1 WG.

 

Gemäß § 100 Abs.1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Zu diesem Zweck ordnet die zuständige Behörde  gemäß § 100 Abs.1 Satz 2 WHG nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.

 

Nach § 33 WHG ist das Entnehmen von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer nur zulässig wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den  Zielen des § 6 Abs. 1 WHG und der §§ 27 bis 31 WHG zu entsprechen.

 

Eine Bewertung der Niedrigwassersituation im Landkreis Heilbronn hat ergeben, dass Wasserentnahmen zu reduzieren bzw. ganz einzustellen sind, um eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes der oberirdischen Gewässer zu verhindern.

 

Wegen der seit Monaten vorherrschenden Trockenheit führen die oberirdischen Gewässer im Landkreis Heilbronn zu wenig Wasser, um die Wasserentnahmen mit den wasserwirtschaftlichen Bewirtschaftungszielen für oberirdische Gewässer in Einklang bringen zu können.

 

Auf Grund des zu geringen Wasserdargebotes sind bei fortlaufenden uneingeschränkten Wasserentnahmen erhebliche Beeinträchtigungen für die Gewässerökologie und den Wasserhaushalt zu befürchten, weshalb das Landratsamt Heilbronn gewässeraufsichtliche Maßnahmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, § 75 Abs.1 WG ergreift und kraft Allgemeinverfügung Wasserentnahmen begrenzt bzw. gänzlich untersagt. 

 

Von einer generellen Untersagung der Wasserentnahme für Zwecke der land- und gartenbaulichen Bewässerung für die Lebensmittelproduktion wurde zunächst abgesehen, da eine generelle Einstellung der Bewässerung zu Ausfällen bzw. Verlust der produzierten Lebensmittel führen würde. Dies kann im Einzelfall zu existenzgefährdenden Situationen bei den Betrieben führen. Im Rahmen einer Abwägung der für eine Begrenzung der Wasserentnahme gegenüber einer uneingeschränkten Wasserentnahme sprechenden Belange überwiegt das öffentliche Interesse an einer Reduzierung der Wasserentnahme. Nur so kann eine weitere Verschärfung der Niedrigwassersituation durch menschliche Einflüsse verhindert werden. Dies stellt gegenüber der generellen Untersagung das mildere Mittel dar. Die Begrenzung der Beregnung auf bestimmte Zeiten wurde vorgenommen, da es bei einer Beregnung der Felder wichtig ist, dass Verluste durch Verdunstung niedrig gehalten werden. Die niedrigste Verdunstung ist in den Nachtstunden, da die Sonneneinstrahlung fehlt und der Wind geringer als am Tag ist. Die in der Zeit von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr des Folgetages eventuell auftretenden Lärmbelästigungen durch Fahrzeuge und Pumpen sind für die Dauer der Gültigkeit der Allgemeinverfügung hinzunehmen. Das öffentliche Interesse zum Schutz der Gewässer überwiegt in diesem Falle das private Interesse an einer ungestörten Nachtruhe.

 

Die Untersagung der weiteren, nicht für die Lebensmittelproduktion, erlaubten Wasserentnahmen sind notwendig, um zu verhindern, dass schädliche Gewässerveränderungen eintreten.

 

Die wasserrechtliche Erlaubnis gewährt nach § 10 WHG lediglich eine widerrufliche öffentlich-rechtliche Befugnis zur Benutzung eines Gewässers, nicht ein Recht. Die angeordneten Maßnahmen entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie sind geeignet, den durch sie angestrebten Zweck, nämlich eine Schädigung der Gewässerökologie zu vermeiden, zu erreichen. Sie sind auch angemessen, da sie keine Nachteile herbeiführen, die erkennbar außer Verhältnis zu dem durch sie angestrebten Zweck einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung nach § 6 WHG stehen.  Auf Grund der Widerruflichkeit wasserrechtliche Erlaubnisse gemäß § 18 WHG ist die temporäre Reduzierung der Wasserentnahmen während der Niedrigwasserperiode auch als mildes Mittel anzusehen.

 

Die Allgemeinverfügung wurde zunächst nur bis 15.09.2018 befristet. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Niederschlagssituation in den nächsten Wochen entwickelt. Sollte sich an der Wetterlage bis dahin nichts geändert haben, wird eine Verlängerung  der Allgemeinverfügung in Betracht gezogen.

 

Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 82 Abs. 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 WG und § 3 Abs. 1 LVwVfG.

 

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung). Es ist nicht vertretbar, dass durch Einlegung von Rechtsmitteln bestehende Wasserentnahmen im Rahmen des Gemeingebrauches oder auf Grundlage bestehender wasserrechtlicher Erlaubnisse fortgesetzt werden können und dadurch die Ordnung des Wasserhaushaltes weiter verschlechtert wird. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestabfluss nicht mehr zu gewährleisten. Die Allgemeinverfügung ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen, wassermengen- und wassergütewirtschaftlichen Anforderungen.

 

VII. Hinweis

 

Die Einhaltung des Entnahmeverbotes wird überwacht. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung können Bußgelder gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 WHG bis zu einer Höhe von 50.000 Euro verhängt werden.

 

VIII.   Rechtsbehelfsbelehrung

 

Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Landratsamt Heilbronn, Lerchenstraße 40, 74072 Heilbronn oder beim Regierungspräsidium Stuttgart, Ruppmannstraße 21, 70565 Stuttgart Widerspruch eingelegt werden.

 

Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.

 

 

Heilbronn, den 15.8.2018

 

 

 

Susanne Sperrfechter

Amtsleiterin

Bauen, Umwelt und Nahverkehr